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Gedicht Adele Haas

Es war am Donnerstag der 12. 9. 1935 vormittags zwischen zwölf und ein Uhr.

ich weilte zu Besuch für ein paar Stunden bei meiner guten armen Mutter,

die sich viel Sorgen um mich macht. Ich ging vormittags zur Stadt,

und kam zur Mittagszeit nach Hause und wollte noch was Obst kaufen

Ich verließ sogleich wieder die Küche meiner Mutter, betrete den Hausflur,

steht in demselben ein für mich fremder Mann. Dieser frug mich "heißen sie Haas"?

Jawohl!

Ich bin Kriminalbeamter! Sie müssen mit!

O! Freiheit! Wie bist du so schön! so schön!

Der pflichtbewusste Mann hat mich festgenommen,

und zur Kriminalabteilung hingebracht, dort wurde ich vernommen,

bei derselben höhnisch verlacht.

Auf einmal sah einen 2ten mich, dieser frug mich

„seit wann gehen Sie denn auf den Strich?“

Ich wurde doch plötzlich ganz verlegen,

ich konnte im Moment keine Antwort geben,

doch schließlich frug ich: Mein Herr meinen Sie mich?“

Ja sicher! Wen denken Sie anders? Und weshalb, man Sie hergebracht,

Sie haben in Cöln 2 Herrn die Geschlechtskrankheit beigebracht.

Ich bitte Sie höflichst! Nicht vorher sprechen,

ich habe begangen nicht dieses Verbrechen,

man hat mich nur unschuldig festgenommen,

ich möchte sofort zum Richter kommen.

Und als die Verhandlung war endlich rum,

brachte man mich vis a vis ins Polizeipräsidium,

dort wurde ich, wie man mir schon gesagt

in einer Zelle untergebracht.

Doch vorher wurde ohne besonnen,

mir einfach meine Handtasche abgenommen,

ich legte mich auf die Pritsche hin,

O! Ihr Lieben ich war ganz ohne Sinn.

Ich hörte vor der Zelle oft leises Gehen,

und sah auch oft jemand am Türfenster stehen,

ich bat so oft den lieben Gott,

er möge mich holen doch sofort.

Auf einmal wurde aufgeschlossen,

es kamen 2 Männer herein geschossen,

Die führten mich zur 2 Etage hin,

auf einmal saß ich im photografischen Atelier Abteil drin.

Auf Wunsch des Herrn Richters in Cöln, wurden

wie ein Verbrecher von mir Fingerabdrücke gemacht,

daß haben die herzlosen Menschen alle mit mir gemacht.

Dann wurde ich drei Mal photographiert

anschließend in den Hof hinunter geführet,

dort musste ich mitten im Hofe stehen,

die ganzen Beamte konnten mich durch die Fenstern sehen.

Ach hätte man mich da doch standrecht erschossen,

mein Blut ist mir bald aus dem Herzen geflossen,

Dann wurde ich nochmal fotografiert,

und --- wieder --- abgeführt.

Und als ich in den Hausflur kam,

sah mich meine jüngste gute Schwester Friedel (und ihr Mann) mein Schwager Pedi an.

Ich habe mir die Augen erst mal trocken gerieben,

denn mein Herz ist beim Anblick der Beiden vor Freuden bald stehen geblieben,

sie trösteten mich alle beide,

jedoch mein Herz, es drehte sich im Leibe.

An dem Sprechen des Beamtn merkte ich,

es warteten drei Schupos auf mich.

Doch plötzlich hieß es fertig, gehn,

und ich sah durch das Flurfenster einen offenen Polizeiwagen stehen.

in dem Wagen legte ich mich auf die Bank hin,

O, Ihr Lieben jetzt war ich ganz ohne Sinn.

Nach kurzer Fahrt blieb der Wagen stehen,

und ich musste mit ins Gericht rein gehen,

dort wurde ich zum Staatsanwalt gebracht,

er laß mir vor, was das Kölner Gericht von mir gedacht.

Und dann zu meinem größten Schrecken,

was musste ich denn da entdecken,

ich wurde wieder abgeführt,

und in das Haus des Leidens, des Grauens, des Elends ins Gefängnis einquartiert.

Meine Liebe Schwester Friedel mit trüben Sinn,

begleitete mich bis in den Gefängnishof hin,

und dann dann mußte Sie mich verlassen!

Was dann geschah, mein großes Leiden,

kann ich unmöglich hier niederschreiben.

Ein jeder Mensch, bekannt, fremd, doch viel weniger die Meinen,

müssen bei Lesen dieser Zeilen schon bitterlich weinen,

denn wer da für mich fühlt, kein Schmerz,

der hat für keinen Menschen ein Herz.

Ich selbst darf an dieses Leid nicht mehr denken,

und will auch keinen andern kränken.

Und dann Ihr Lieben; Ihr könnt mir glauben,

kein Mensch soll einem andern die Freiheit rauben,

denn ich weiß es, ich habe es leider erduldet,

und dann noch ungerecht verschuldet!

O! Freiheit! Wie bist du so schön! so schön.

Dies dichtete ich am Sonntagsvormittag dem 22. 9. 35

Hinter Gittern in Coblenz. A. Haas

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