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Zwangsouting

Ausschnitt aus Polizeiprotokoll mit Schreibmaschine geschrieben: Von meiner Stammkundschaft werde ich immer mit Kleener oder Dicker bezeichnet. Nach meiner Ansicht bin ich bei meinen Käufern nur als dem männlichen Geschlecht zugehörig bekannt. Es würde bestimmt sehr auffallen, wenn ich plötzlich in Frauenkleidern auftreten würde. Auch in meinem Wohnhause weis niemand das ich eine Frau bin. Ich wurde an dem Tage von Frauen angehalten die mich um Verkauf von Waren anhielten und machte aus diesem Grunde an der betreffenden Stelle halt, die für mich nicht für den Handel bestimmt ist. Ich habe bisher nur für mich allein gelebt und mich an Veranstaltungen von lesbischen Klubs nie beteiligt noch diese aufgesucht.

© Landesarchiv Berlin.

Ein Ausschnitt aus _Spindlers Gestapoverhör

Mugshot von _Spindler. Er trägt ein Kragenshirt und eine Lederjacke, Haare nach hinten gekämmt.

Zwangsfotografie (Mugshot) ca. 1939/40, © Landesarchiv Berlin.

_Spindler

In diesem Ausschnitt aus einem Gestapoprotokoll der Vernehmung des transmaskulinen Obsthändlers _Spindler vom 22. August 1940 ist zu lesen, dass all seine Kund*innen und Nachbar*innen ihn nur als Mann kannten. _Spindler war Anfang August 1940 von der Kriminalpolizei dabei aufgegriffen worden, wie er in männlich konnotierter Kleidung seinem Obsthandel an einer Straßenecke nachging, an der er normalerweise nicht verkaufte. Die Gestapo erfuhr durch die Kriminalpolizei davon und verpflichtete _Spindler, fortan weiblich konnotierte Kleidung zu tragen. Er wurde durch die Gestapo also dazu gezwungen, sich vor seinem gesamten sozialen Umfeld zu outen. Dies bedrohte nicht nur den privaten Frieden in seinem Wohnhaus. Als Straßenhändler konnte es für ihn existenzbedrohend sein.

Ermittlungen gegen geschlechtlich nonkonforme Personen konnten zu Zwangsoutings im sozialen Umfeld, zum Beispiel vor der Familie, vor Vorgesetzten, Kolleg*innen und Kund*innen, sowie vor den Nachbar*innen führen. Sowohl die familiäre als auch die finanzielle Zukunft der Betroffenen konnte durch Zwangsoutings gefährdet sein. Während der Verhöre konnten Beamt*innen mit Zwangsoutings drohen und Betroffene so unter Druck setzen.

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