Namensänderung
© Bundesarchiv Berlin.
Ausschnitt aus *Gert Liehrs Namensänderungsakte
Magnus Hirschfeld, Geschlechtskunde. Bildteil, S. 326, qualitativ nachbearbeitet durch Clara Hartmann. © Scan aus den Beständen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Berlin,
Inhaltswarnung: In diesem Text wird Antisemitismus thematisiert.
Dies ist ein Ausschnitt aus einem Antrag auf Vornamensänderung, den der transmaskuline Spinnereiarbeiter *Gert Liehr im August 1934 beim Innenministerium stellte. Das Homosexuellendezernat war bei solchen Anträgen dafür zuständig zu prüfen, dass eine Vornamensänderung die „öffentliche Sicherheit“ nicht gefährdete. Das bedeutet die Polizei prüfte, ob die Personen sich in ihrem Identitätsgeschlecht in der Öffentlichkeit bewegen konnten, ohne Aufsehen zu erregen. Durch diese Kontrolle sollten vor allem binärgeschlechtliche gesellschaftliche Normen erhalten bleiben. Betroffene, die beispielsweise wegen des eigenen Körperbaus solchen Normen nicht entsprachen, wurden pauschal als Störenfriede kriminalisiert. Ein medizinisches Gutachten war ebenfalls Voraussetzung für eine Namensänderung. Erst nachdem alle erforderlichen Unterlagen vorlagen, traf man im Innenministerium die finale Entscheidung.
Mitten in Liehrs Antragsverfahren wurde das Berliner Homosexuellendezernat in die Gestapo eingegliedert. Dennoch beeinflussten Liehrs Suizidgedanken die Entscheidung der Behörde positiv, anders als bei Charlotte Charlaque. Dies mag unter anderem daran liegen, dass Liehr nachweisen konnte „deutschblütig“ zu sein. Diesen Nachweis mussten Antragsstellende spätestens ab Ende Juni 1934 erbringen.
Durch Lobbyarbeit des Sexualwissenschaftlers Magnus Hirschfeld und des Anwalts seines Instituts für Sexualwissenschaft Walter Niemann, war es für einige trans Personen ab 1920 möglich amtlich ihre Vornamen zu ändern. Eine Änderung des Personenstands war jedoch ausgeschlossen. Während einige trans Personen bald ihre Vornamen änderten, hatten andere weniger Glück. Waren sie zu arm, um sich die benötigte Kleidung zu leisten oder nach Ansicht der Polizei nicht in der Lage, in der Öffentlichkeit unscheinbar zu wirkten, konnte die Ausstellung eines „Transvestitenscheins“, der für eine Namensänderung benötigt wurde, abgelehnt werden.