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_Winkelmanns Brief an die Gestapo

Berlin, den 17.1.1940

Der deutschen Staatspolizei Inspektion VII [C 3]

Bitte vielmals um Verzeihung, wenn ich Sie in ernster Zeit mit ein paar Zeilen stören muß. Hoffentlich erinnern Sie sich noch meiner, denn ich war vor etwa drei Jahren als Frau im Anzug bei Ihnen und erhielt von Ihnen die Erlaubnis, daß ich die Kleidung weitertragen dürfte. Anschließend habe ich eine Nervenprüfung in der Hannoverschen Straße bei Herrn Prof. Dr. Müller-Hess gut überstanden. Danach wollte ich versuchen als Frau zu leben und mich zu kleiden, darüber teilte ich Ihnen auch schriftlich mit.

Leider wird mir aber das Leben als Frau zur Hölle gemacht. Ich werde auf der Straße von Kindern gefragt, was ich bin. Komme ich irgendwo in die Öffentlichkeit zeigt man mit Fingern auf mich und behauptet ich wäre ein Mann. Ja sogar auf meiner Arbeitsstätte laufe ich Spießruten und des Öfteren wollten mich die Leute auf der Straße feststellen lassen.
Und darum bitte ich Sie herzlichst mir die Erlaubnis zu geben, daß ich den Anzug wieder anziehen kann, damit auch ich wieder die Lust zum Leben habe und dass ich endlich nach meiner Arbeitszeit mir irgendwo in der Öffentlichkeit sehen lassen kann, denn ich kann ja nichts dafür, daß ich so aussehe.

Ich tue keinem Menschen etwas halte mich neutral, komme meinen Verpflichtungen nach und möchte doch auch als Mensch angesehen werden. Aber ich habe nur ein sicheres Ruhtreten, wenn ich in Herrenkleidung bin, und darum bitte ich Sie nochmals höflichst darum mir die Genehmigung zu geben, ich falle keinem zur Last denn ich mache jede Arbeit.

Ich sollte ja damals einen Namen, die Abkürzung vom weibl. Vornamen schon bekommen. Nur weil ich versuchen wollte als Frau zu leben ist alles zurückgegangen. Bitte tun Sie einer armen Seele den Gefallen, damit ihr das Leben etwas erleichtert wird. Auch politisch bin ich bestimmt kein Gegner, ich beteilige mich an allen Sachen weil es ja schließlich als deutscher Volksgenosse meine Pflicht ist.

An Ihren gütigen Bescheid entgegensehend rechne ich mit deutschem Gruß

Gertrud Winkelmann

Am Ende des Briefs fügt _Winkelmann „Heil Hitler!“ hinzu.

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